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16.12.2021

Haushaltsrede von Carla Neumann-Lieven

 Neumann-Lieven, Carla
Carla Neumann-Lieven

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,

liebe Dortmunderinnen und Dortmunder,

 

nach dem Doppelhaushalt 2020/2021, geht es heute um den Haushalt 2022 – der erste Haushalt im Zeichen der Pandemie.

 

PANDEMIE

Die letzten zwei Jahre waren für jeden Einzelnen von uns und für die Gesellschaft als Ganzes nicht einfach. (Um es mit John Lennon zu sagen: das Leben ist das was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen). Jeder von uns hat Pläne gemacht und dann hat die Pandemie uns auf verschiedenen Ebenen getroffen und geprägt. Und sie ist noch nicht vorbei. Das zeigen die Diskussionen über 3G, 2G oder 2G+, das zeigen die Masken, die wir tragen, und das zeigt der tägliche Blick in die Nachrichten. Die Pandemie hat unser Leben, unseren Alltag und auch unser politisches Denken und Handeln verändert. Und nur gemeinsam und vor allem mit einer Impfung werden wir sie in den Griff bekommen.

 

VERÄNDERUNG

Um mit all den Veränderungen umzugehen, brauchen wir einen Kompass. Für das neue Jahr und darüber hinaus. Nicht nur denken, nein auch handeln. Denn wir tragen nicht nur die Verantwortung für das nächste Jahr oder für diese Ratsperiode. Unsere Entscheidungen in diesem und im nächsten Jahr beeinflussen das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger auf Jahre. Dieser Verantwortung stellen wir uns als SPD-Fraktion.

 

GRUNDSÄTZLICHES

Soweit ich mich erinnern kann (und ich bin seit 2004 im Rat), gab es im AFBL noch nie eine so breite Zustimmung zum Haushalt wie jetzt. Ich hoffe, nein, ich bin sicher, dass diese Zustimmung auch in der heutigen Ratssitzung trägt. Diese breite Unterstützung ist auch Ausdruck dessen, dass die Fraktionen in unserem Stadtrat Haushaltsanträge eingebracht, sie beraten  und viele oder einige davon „durchbekommen“ haben.  

 

Auch wenn wir die finanziellen Auswirkungen der Pandemie im städtischen Haushalt jetzt noch nicht spüren, ab 2025 werden wir es merken. Deshalb ist es wichtig mit einer weitsichtigen Haushaltspolitik die entscheidenden Weichen jetzt schon zu stellen. Es ist klar, dass die Kosten der Pandemie den städtischen Haushalt unter den derzeitigen Vorgaben stark belasten werden.

 

Umso wichtiger ist es, mit der heutigen Entscheidung zum Haushalt, die Finanzlage der Stadt nicht zu sehr zu belasten, aber dennoch die notwendigen Investitionen in die Zukunft unserer Stadtgesellschaft zu tätigen. Die Auszeichnung als Innovationshauptstadt Europas hat gezeigt, dass wir hier auf einem guten Weg sind.

 

Mir ist wichtig, dass wir uns bei all den Diskussionen um den Haushalt und auch bei den weiteren politischen Entscheidungen, die im nächsten Jahr anstehen, nicht im Klein-Klein verfransen. Auch kleine Beiträge sind wichtig, aber der Haushalt für das nächste Jahr beläuft sich auf knapp 2,9 Milliarden Euro und setzt gute und richtige Schwerpunkte. Das zeigt im Übrigen auch der breite Konsens unter den Fraktionen. Wir setzen die richtigen Akzente in den Bereichen Klimaschutz, Soziales, Bildung, Freizeit und vielem mehr.  

 

Maßnahmen für den Wohnungsbau, die Digitalisierung, die Verkehrswende und ein Ausbau der Kindertageseinrichtungen sind auf dem Weg.

 

SCHWERPUNKTE

Mit den Haushaltsbegleitanträgen der SPD-Fraktion setzen wir klare Schwerpunkte und Maßstäbe für Kultur, Bildung, Gute Arbeit und Klimaschutz in unserer Stadt.

 

Eine Haushaltspolitik mit Augenmaß bedeutet aber auch, das eigene Wunschpaket im Rahmen zu halten. Deshalb ist es uns wichtig Folgendes umzusetzen:

 

KLIMASCHUTZ

Die Maßnahmen im Klimaschutz zu verstärken, besser zu organisieren und Anreize für Bürgerinnen und Bürger für Investitionen zu setzen. Was heißt das konkret?

 

Erst vor wenigen Tagen haben wir uns gemeinsam im AKUSW darauf verständigt, dass wir das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 erreichen wollen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, das wir nur gemeinsam umsetzen können. Hierfür werden wir viele Dinge in unserer Stadt verändern müssen. Dies wird große Anstrengungen von der Verwaltung, von der Politik, und nicht zuletzt von den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt abverlangen. Uns als SPD-Ratsfraktion ist es dabei wichtig, dass im Rahmen dieses wichtigen und notwendigen Transformationsprozesses die Menschen nicht vergessen werden. Klar ist, wir alle werden unser Leben und unsere Gewohnheiten hinterfragen und auch in Teilen umstellen müssen. Die Erreichung der Klimaziele muss aber so erfolgen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger KEINE signifikante Nachteile erfahren – insbesondere nicht die Leute, die schon viele Herausforderungen in ihrem Alltag meistern müssen und dabei nur auf ein schmales Budget zurückgreifen können. Es gilt daher auch immer ein Auge auf die sozialen Auswirkungen unserer Entscheidungen im Bereich der Klimapolitik zu werfen und Härten abzufedern.

 

Insgesamt müssen wir die gesteigerten Aktivitäten der letzten Jahre im Bereich des Klimaschutzes weiter intensivieren. Übrigens: 51 neue Stellen und 18 Millionen Euro jährlich seit 2017 haben wir bereits bereitgestellt. Da legen wir zusätzlich 1 Million Euro drauf. Für weiteres Personal, für Sachmittel.  

Wir brauchen ein Handlungsprogramm, das über die einzelnen Teilbereiche der Stadtverwaltung hinweg die Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes und der Klimaanpassung zusammenführt und ihre Wirkung darstellt.

 

Und wir wollen unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mitnehmen: mit Förderfonds. Unter bestimmten Voraussetzungen wollen wir das Engagement unterstützen. Bei Begrünung von Garagendächern, Fassadenbegrünung von Privathäusern, Entsiegelung von Flächen, Wärmegewinnung durch Geothermie und Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser und Überflutungen. Wir erhoffen uns durch diese Förderfonds einen Anreiz zu schaffen, damit unsere Bürgerinnen und Bürger im privaten Bereich Maßnahmen zur Verbesserung unseres Stadtklimas und dem Ziel der Klimaneutralität selbst umzusetzen können.

 

GUTE ARBEIT

Enttäuscht bin ich im Bereich „Gute Arbeit“, der uns als Sozialdemokratie besonders wichtig ist. Beim Einsatz für faire Bezahlung von geleisteter Arbeit haben wir für unseren Antrag, die Beschäftigten im Kulturbereich nach Tarif zu bezahlen, in diesem Rat keine Mehrheit gefunden. Wir werden an dem Thema aber dran bleiben. Denn das sind uns die Beschäftigten von Musikschule, VHS und unseren vielen Museen unserer Stadt wert. Und die Stadt Dortmund nimmt als Arbeitgeberin eine Vorbildfunktion für die Dortmunder Unternehmen ein. Sie sollte daher als gutes Beispiel für die Einhaltung von Tarifstrukturen und für „Gute Arbeit“ fungieren.

 

Das Prinzip der „Guten Arbeit“ des DGB, sollte auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung gelten. Sie ist existenzsichernd, entgeltgleich, tarifgebunden, mitbestimmend, sozialversichert, unbefristet und diskriminierungsfrei. Entsprechend muss dies auch für alle Bereiche umgesetzt werden, in denen zurzeit Arbeitsverhältnisse auf Honorarbasis bestehen.

 

Wir wollten daher in einem ersten Schritt an der Musikschule Dortmund beginnen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die nötigen Voraussetzungen erfüllen und an einer tarifgebundenen Festanstellung interessiert sind, ein entsprechendes Angebot erhalten. In einem zweiten Schritt sollen dann in allen städtischen Kulturbetrieben und –einrichtungen Honorarverträge in tarifbezahlte Verträge umgewandelt werden. Immer auf freiwilliger Basis.

 

Unser Ziel: sichere Arbeitsverhältnisse, faire Bezahlung.

 

Auch wenn unser Antrag in den Haushaltsberatungen keine Mehrheit fand, werden wir dafür im kommenden Jahr weiter kämpfen. Denndas Konzept dazu hat eine breite Mehrheit gefunden. Jetzt gilt es weiter am Ball zu bleiben und Verbesserungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen.

 

KULTUR

Kleinere Verbesserungen in der Kulturszene wurden dagegen mitgetragen: z. B. die Finanzierung des Kindermuseums mondo mio!, der Dortmunder Kunstverein erhält größere Räumlichkeiten, die freie Filmszene einen Zuschuss.

 

Die gebeutelte Filmszene unterstützen wir zusätzlich, in dem die Förderung im Rahmen des Programms Neue Stärke mitbetrachtet wird.

 

SPORT

Aber auch im Sportbereich wollen wir Akzente setzen. Hier wollen, wir die Rückkehr zu sportlicher Betätigung erleichtern, denn die Mitgliederzahlen in den Sportvereinen sind durch die Corona-Pandemie zurückgegangen. So sollen zukünftig die Inhaberinnen und Inhaber des Dortmund Passes kostenfreien Zutritt zu den städtischen Schwimmbädern und den Bädern der Sportwelt erhalten.

Auch soll ein Gutscheinsystem entwickelt werden, über das die Stadt Dortmund Kindern im Grundschul- und Kindergartenalter für 6 Monate die Mitgliedsbeiträge bei Neueintritt in einen Dortmunder Sportverein übernimmt.

 

BILDUNG

Eine weitere Entlastung geringer Einkommen können wir bei den Elternbeiträgen für Kitas, Kindertagespflege und OGS erreichen. Bei Jahreseinkommen bis einschließlich 30.000 € entfallen die Beiträge. Mit dieser Initiative werden weitere 1.200 Familien mit Kindern finanziell besser gestellt. Darauf können wir stolz sein.

 

SOZIALES

Ich möchte aus den vielen „großen“ Projekten im sozialen Bereich eine kleine Maßnahme herausgreifen: für die meisten im Raum ist das kein Thema. Sie sind Männer. Aber mit einer kleinen Summe können wir die Situation von jungen Mädchen und Frauen verbessern. Mädchen und Frauen kennen das Problem: Die Periode kommt plötzlich und unerwartet. Auf der Schultoilette, vor einem Referat, auf der Toilette der Arbeitsstelle, vor einem wichtigen Gespräch. Scham und Einschränkungen sind die Folge – für einen natürlichen biologischen Prozess des weiblichen Körpers. In immer mehr Ländern werden Menstruationsartikel darum kostenlos an öffentlichen Orten zur Verfügung gestellt. Dies wollen wir nun auch in Dortmund umsetzen und an weiterführenden Schulen und öffentlichen Gebäuden solche Automaten aufstellen. Wir sind schon sehr gespannt darauf, wie das angenommen wird.

 

INTEGRATIONSRAT

Und was mich besonders freut, ist die Ausstattung des Integrationsrates mit einem jährlichen Budget von 200.000 Euro für seine Arbeit. Das ist ein deutliches Zeichen an die zugewanderten Bewohnerinnen und Bewohner in unserer Stadt: ihr seid Teil dieser Stadt und ihr sollt unsere Stadt aktiv mitgestalten.

 

FINANZIELLE AUSSTATTUNG

Als Kommunen sind wir auch davon abhängig, was auf Bundes- und Landesebene beschlossen wird. Und wir müssen weiterhin Druck machen und uns für eine faire finanzielle Ausstattung der Kommunen einsetzen. Denn die Aufgaben, die wir zugeteilt bekommen, müssen auch finanziert werden. Wer bestellt, muss dafür auch zahlen.

 

Bund und Land bleiben in der Pflicht, den Kommunen strukturell unter die Arme zu greifen. Eine Altschuldenlösung ist immer noch nicht in Sicht.

 

Ohne die Unterstützung von Bund und Land wird es für uns Kommunen ab 2025 allerdings schwer.

 

Lobend muss an der Stelle aber auch die Unterstützung bei den Kosten für Geflüchtete und Geduldete, sowie die Erhöhung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft auf bis zu 75% erwähnt werden.

 

Wir halten aber auch weiter die Forderung aufrecht, dass eine nachhaltige, dauerhafte und vollständige Übernahme der Kosten für Flüchtlinge und Zuwanderer aus Südosteuropa von Bund und Land erwartet wird.

 

Zudem ist auch für das Pandemie-Jahr 2021 ein Ausgleich für die Gewerbesteuerausfälle aus unserer Sicht notwendig.

 

DANK

Die Haushaltsberatungen zwischen den Fraktionen waren insgesamt konstruktiv, fair und stets von der Überzeugung, das Beste für unser Dortmund zu wollen, geprägt. Dafür möchte ich allen Fraktionen und den Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat danken.

 

Insbesondere gilt unser Dank dem Kämmerer, Herrn Stüdemann, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kämmerei für den guten und bedachten Haushaltsentwurf. Aber auch für die sehr vielen und intensiven Arbeitsstunden der letzten Wochen. Herzlichen Dank!

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

 

abschließend erkläre ich, dass wir, die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Dortmund, selbstverständlich Verantwortung übernehmen und dem Haushalt 2022 zustimmen.